Die „ANNA-Woche“  2016  in Rokitnitz
 
            
  von Samstag 16. Juli bis Sonntag, 24. Juli
 von Herta Keller
 
 Die  ersten Besucher der Annawoche trafen schon am Samstag in Rokitnitz ein,  zum Glück bei nicht zu heißem Wetter. Drei Neue waren dabei: der Sohn  von Roman Blümel  und Werner und Marialuise Wagner. Die beiden  hatten sich auf die Spuren einer alten Verwandten, der Cousine von Maria  Luises Großvater, gemacht. Auf der Suche nach ihrem Stammbaum waren sie  im Internet auf  Erich Walenta und Roman Blümel, unsere  Ahnenspezialisten, gestoßen und nutzten die Annawoche zu einem ersten  Kontakt mit der bereits 90 jährigen Vorfahrin, aber auch, um mit  Gleichgesinnten ins Gespräch zu kommen. Eine Bereicherung für beide  Seiten!
 
 
     Eröffnet wurde die Annawoche mit dem Konzert "Töne ohne Grenzen" in  der Rokitnitzer Allerheiligenkirche, das in diesem Jahr in verändertem  Rahmen stattfand. Im Teil 1 erklang Orgelmusik der Komponisten Händel,  Dvorak und Moniuszko mit Sologesängen. Teil 2 wurde vom Saxophonquartett  insbesondere den amerikanischen Musicals gewidmet. Insgesamt ein  gelungenes Programm von jungen Künstlerinnen und Künstlern.
  Bürgermeister  Hudousek begrüßte vor allem die Besucher aus  Deutschland. Der Rokitnitzer Bürgermeister erinnerte rückblickend an  unseren Lm. Rudi Gerr, der 2006 dieses Konzert ins Leben rief und  gratulierte ihm von Rokitnitz aus herzlichst zu seinem 80. Geburtstag.  Das Konzert "Töne ohne Grenzen" soll nun  jedes Jahr Auftakt der  Annawoche sein.
 
  Der Dienstag stand ganz im Zeichen der Eigeninitiative: Besuch von  Freunden, Erkunden der Gegend, Pflege der Kontakte mit Einwohnern und  mit der Gruppe sowie der Heiligen Messe in der Annakapelle in  Kunzendorf.   
  Am Mittwoch früh um 6.15 Uhr traf sich eine kleine Gruppe von 8  Teilnehmern - wie schon in den letzten Jahren mit Jan Moravek, Mitglied  des Rokitnitzer Stadtparlaments, am Rokitnitzer Bahnhof zur Fahrt nach  Pardubitz. Wer Jan Moravek noch nicht erlebt hat, hat etwas versäumt.  Mit seinem Fachwissen und seinem Humor erschien selbst die Zugfahrt von  eineinhalb Stunden kurzweilig. So erfuhren wir zunächst, dass Pardubitz  und Königgrätz wie Hund und Katze sind und um ihre Bedeutung wetteifern.  Ein Beispiel sind die Trolleybusse in Pardubitz, auf denen folgender  Reklamespruch zu finden ist: "Wenn euch Königgrätz zu langweilig ist,  besucht das Museum in Pardubitz." Dies kam natürlich nicht gut an, zwar  durften die Trolleys  ihre Aufschrift behalten, doch mussten sie nun im  Depot stehen bleiben.
  Pardubitz hat ca. 90 000 Einwohner, etwa gleich viele wie Königgrätz.  Es liegt gut 100 km östlich von Prag an der Einmündung der Chrudimka in  die Elbe. 1295 wurde es zum ersten Mal erwähnt als kleine Siedlung um  ein Kloster. Zwischen 1332 und1340 gründete Ernst von Hostin eine Stadt,  nach der sich seine Söhne von Pardubitz nannten. Ab dem Ende des 14.  Jahrhunderts wechselten die Eigentümer mehrfach, zunächst befand sich  die Stadt im Besitz der Familie von Pernstejn, die auch das große  Schloss errichten ließ. Doch mussten Stadt und Schloss 1560 an Kaiser  Ferdinand I. verkauft werden, wodurch es zur königlichen Stadt wurde.  Heute ist Pardubitz das Zentrum der Region Pardubitz.  Auf Grund seiner  guten  Verkehrsinfrastruktur - auch ein eigener Flugplatz ist  vorhanden-   hat sich das kleine Pardubitz zu einer modernen Stadt  entwickeln können. Pardubitz als Sportstadt (Basketball,Tennis,  Eishockey) ist vor allem bekannt für das Pardubitzer  Steeplechase, dem größten Pferderennen Europas mit den meisten Stürzen.  Die jährlichen Europameisterschaften im Schach beim größten  Schachturnier der Welt mit 1 700 Teilnehmern und das  älteste alljährliche Prestige  Flachbahnrennen der Welt, der Goldene  Helm, werden hier ausgetragen. Und es ist Universitätsstadt mit 7  Fakultäten mit fast 130 Fachrichtungen und 10 500 Studenten sowie  Industriezentrum mit chemischer, elektronischer und Maschinenindustrie  und zu guter Letzt - Lebkuchenstadt mit einem  Lebkuchenmuseum. 
  Etwa 800m vom heutigen Bahnhofsgebäude entfernt befand sich bereits  1845 der vom tschechischen Eisenbahnbauer Jan Perner errichtete  Bahnhof. Die helle Bahnhofshalle mit ihren Mosaikwänden im 1958   erstellten Bahnhofsgebäude überrascht uns mit ihrer Größe und der  Vielfalt der kleinen Geschäfte. Hier stoßen wir auch zum ersten Mal auf  das Stadtwappen von Pardubitz mit dem Halbpferd und auf das Wappen der  Pernstejner mit dem Auerochsen mit Nasenring. Vom Bahnhof aus geht es  durch die neue Stadt des 20. Jahrhunderts entlang der Friedenschaussee,  einer weitläufigen Einkaufsstraße mit der hübschen Machonpassage.  Vom Platz der Republik aus haben wir einen schönen Blick auf das  ehemalige Grandhotel, heute ein Geschäftshaus, und  auf das im  Jugendstil erbaute Stadttheater. Wir passieren das GrüneTor, ein Teil  der alten Stadtmauer, benannt nach dem Patinadach des 60 m hohen Turms.  Plötzlich ist man in einer anderen Welt. Hier am Pernstejn-Ring befindet  sich das historische Stadtzentrum, das 1964 zum städtischen  Denkmalreservat erklärt wurde. Inmitten des rechteckigen Marktplatzes  steht die Mariensäule (Pestsäule) mit Balustrade, umgeben von kleinen  Bürgerhäusern mit  einheitlich gestalteten Stirnseiten. Durch große  Brände in den Jahren 1507 und 1538  wurden viele Häuser zerstört, jedoch  überwiegend im spätgotischen und Frührenaissancestil wieder aufgebaut.  Der Bau des neuen Rathauses im Neurenaissancestil passt nicht so recht  in den Rahmen. Das am meisten bewunderte Barockdenkmal ist das " Haus  zum Jonas"  mit dem Walfisch, geschmückt mit einer Reliefdarstellung des  biblischen Motivs. Im Erdgeschoss blieb ein wertvolles Kellergewölbe  aus dem Beginn des 16. Jahrhunderts erhalten. Das Haus wird heute für  Kunstausstellungen genutzt.  
  Am Ende der Altstadt steht das große Gebäude der Automatischen Mühlen,  auch im Verzeichnis der nationalen technischen Denkmäler aufgenommen.  Auf dem Weg zum Schloss der Pernstejns können wir noch Reste des  sogenannten Stadtflusses sehen, der von den Pernstejns als wichtige  Nutzwasserquelle ihrer bewundernswerten Wasserbauten angelegt wurde.  Vorbei geht´s am Gebäude der Bezirks- und Stadtbehörde, durch den  "Spitzpark", in dem im Jahr der Olympiade ein Olympiapark aufgebaut  wurde, entlang des Elberadwegs. Aus dem Schloss, zunächst ein  Herrensitz, wurde im 14 Jahrhundert  eine Wasserburg, die unter den  Pernstejns im spätgotischen Stil umgebaut und mit einem Ostflügel und  einem Renaissancegiebel erweitert wurde. Die Schlossanlage wurde als  Festung errichtet und überstand den 30-jährigen Krieg, ohne eingenommen  zu werden. Heute präsentiert sie sich als prachtvolle  Renaissanceresidenz mit wertvollen Renaissancemalereien und seltenen  Kassettendecken auf einem Areal etwa so groß wie die gesamte historische  Stadt.  
  Auf dem Rückweg ein kurzes Innehalten in der gotischen  Bartholomäuskirche mit dem nadeldünnen Glockenturm und der mächtigen  Familiengruft der Pernstejns. Ein Abschiedstrunk in der  Pardubitzer Brauerei mit der Biermarke Pernstejn und der Spezialität  Porter rundete die schöne Fahrt ab. Um 17 Uhr trafen wir wieder in  Rokitnitz ein, nach einem gut organisierten interessanten Tag mit  schöner Geselligkeit, auf die keiner hätte verzichten wollen. Für das  nächste Jahr sind eine Fahrt nach Trebechovice (Hohenbruck) ins Museum  Bethlehem mit seiner Sammlung von Weihnachtskrippen sowie ein Besuch des  Freilichtmuseums Krnovice geplant. 
  Am Donnerstag fand um 10 Uhr der Wallfahrtsgottesdienst mit der  Deutschen Messe von Schubert.statt, mit Orgel- und Querflötenbegleitung,  die von Pfarrer Kalemba und dem extra aus Trautenau angereisten Pater  Pajak zelebriert wurde. Die Lesung trug Reinhard Traufelder vor, die  Fürbitten Günther Wytopil. Die Landsmänninnen in Tracht sowie die 3  kleinen festlich gekleideten Messdienerinnen erhöhten die feierliche  Atmosphäre. Welche Gefühle beim Singen des Staadla- Liedes am Ende des  Gottesdienstes aufkamen, weiß jeder am besten selbst. Kurze Ansprachen  von Günther Wytopil und Pfarrer Kalemba folgten und zum Schluss das  Gruppenbild aller Kirchenbesucher vor dem Altar. 
  
  Für den Nachmittag hatte Pfarrer Kalemba  zum Treffen mit Mitgliedern  der katholischen Pfarrgemeinde in den Rokitnitzer Pfarrgarten  eingeladen. Bürgermeister Hudousek und seine Familie und Freunde waren  um unser leibliches Wohl bemüht und hatten es an nichts fehlen lassen.   Pfarrer Kalemba und Bürgermeister Hudousek informierten über bereits  umgesetzte und noch anstehende Vorhaben in den zugehörigen Kirchen und  im Pfarrhaus, unter anderem über die Anschaffung von drei Glocken für  die Rokitnitzer Kirche.. Es wäre schön, wenn sie  zum Annafest  2018 anlässlich der 700 jährigen urkundlichen Erwähnung von Rokitnitz  läuten könnten.   
  Um 18 Uhr begann dann der Heimatabend in der Kantine der neuen Schule,  und wieder einmal mit einem guten Essen und später mit einem  reichhaltigen Büffet. Horst Wanitschke konnte 40 Teilnehmer begrüßen,  darunter Bürgermeister Hudousek und seinen Dolmetscher Ivan  Michalitka sowie den Adlergebirgschor. Er bedankte sich bei allen, die  zum Gelingen der Annawoche beigetragen haben und sich auch bei vielen  anderen Veranstaltungen für den Verein engagieren, insbesondere bei  unserem Fotografen Manfred Gischler, der Trachtenbeauftragen Dorothea  Faust. Günther Wytopil rief zu einer Gedenkminute für die im letzten  Jahr verstorbenen Landsleute auf. Anschließend wurden einige Mitglieder  des Adlergebirgschores geehrt. Der Begrüßung durch den Bürgermeister  folgten eine kleine Zaubershow  sowie Vorträge des Adlergebirgschors  unter der Leitung von Alois Galle mit dem gemeinsamen  Abschlusslied "Rokitnitzer semmer". Und dann ging´s rund! Günther  Wytopil, der „Junge“ mit der... Gitarre, ließ die alten Volkslieder und  Schlager erklingen und wurde reichlich unterstützt von den  Heimatfreunden und den drei tschechischen Damen der Kantine, bei denen  wir uns auf diesem Weg noch einmal für die freundliche Bewirtung  bedanken möchten. War es wirklich schon Freitag, als dieser schöne Abend  zu Ende ging? 
  Freitag, Samstag und Sonntag  hatten Festcharakter: Gottesdienste in  Liebental und in der Dreifaltigkeitskirche in Ritschka am Samstag, die  Tschechische Messe in der Pfarrkirche sowie Gottesdienst in der  Anna-Kapelle in Rokitnitz am Sonntag. Neben einem bunten Programm  mit historischem Handwerkermarkt und zahlreichen Verkaufsständen  sorgte viel Musik mit dem Adlergebirgler Kurorchester und seiner Band,  Dei Gratia mit Musik des Mittelalters und der Big Band Vamberg für gute  Unterhaltung. Außerdem wurden mehrere Ausstellungen im Schloss  präsentiert  "Rokitnitz- bekannt und unbekannt"  und "Gefährdete sakrale  Denkmäler" sowie eine Skulpturen - und Bilderausstellung. Das  abendliche Feuerwerk vor der Schwimmbadkulisse war ein weiterer  Höhepunkt. Alles verbunden mit vielen freundschaftlichen Gesprächen und  gemeinsamen schönen Stunden. Hoffentlich sind alle Teilnehmer gut nach  Hause gekommen. Man sieht sich im nächsten Jahr wieder, nochmals  hoffentlich!! 
  Bedanken wollen wir uns aber noch zum Schluss bei den Verantwortlichen  von Kirche und Gemeinde, die uns mit ihren Teams jedes Jahr so  freundlich aufnehmen und unterstützen, bei unserem Reiseleiter Jan  Moravek und ganz besonders bei dem Dolmetscher Ivan Michalitke, ohne den  eine sprachliche Verständigung nicht möglich wäre. Aber auch bei  Günther Wytopil und Horst Wanitschke, die diese Tage wunderbar  vorbereitet und dafür gesorgt haben, dass sich alle wohlgefühlt haben.  Auch das ist keine Selbstverständlichkeit. 
 Und nun noch zwei Internetadressen zum Ansehen der Fotos:
  Internetadresse der Pfarrei Rokitnitz  farnostrokytnice.rajce.idnes.cz  (Suche nach / klicken auf: 20160721, Datum der Aufnahmen)
 sowie 
www.facebook.com/rkfrok  (bekannte Gesichter beim Annafest)